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Martinskirche - Die Geburtsurkunde Völklingens : Seite 12 von 20 : Völklingen im Wandel

Martinskirche – Die Geburtsurkunde Völklingens

1765:
Pfarrer Seidel bekam einen Schlaganfall: Er hat seinem Amt treufleissig vorgestanden bis auf den letzten Sonntag nach Trinitatis 1765. Da er sich auf die Dankpredigt geschickt wegen des Erntefestes, zum öffentlichen Gottesdienst geeilet, nach den Gesängen in der Kirche vor dem Altar Beichte und Absolution und Epistel vorgelesen, nach dem Kathedral-Lied zur Kanzel gegangen und wieder mit leiser Stimme das Anfangsgebet verrichtet, den Text Psalm 104 v. 24 verlesen, ist er vom Schlagfluss berührt worden, welchen er sich wegen vieljährigen Katharrhen und verspürten halbjährigem Schwindel vor dem Lebensende öfter präfigiieret. Es hat sich der Selige als ein gerüster Mann auf der Kanzel stärken wollen, einigemals zu reden wieder angefangen, endlich aber hinsinkend geworden. Darauf nahm herzu geeilet, von der Kanzel genommen und nach Hause getragen, nachdem er den Zuruf in die Kirche getan: Wir haben einen Gott, der da hilft, und einen Herrn, der vom Tode errettet… Er starb am 24. November 1765 (XLVIII.).

1765:
Neuer ev. Pfarrer wurde Karl Johann Reinhard Rolle, geb. 1739
Ehefrau: Caroline Sophie Rumpel (XLVII.).

Hier ein Bericht des Superintendenten Rolle. Es malt zwar mehr die Schattenseiten des Alltags, und es wird wohl auch bei den katholischen Gemeindemitgliedern nicht viel anders gewesen sein. Als Sünden, die bei alt und jung „in Schwang gehen“ werden aufgeführt:
1) das entsetzliche Fluchen, dabei auch wohl der aller-heiligste Name Gottes Jesu Marter und Tot und die hl. Sacramente auf das Gräßlichste mißbraucht werden.
2) Die frecheste Verachtung des öffentlichen Gottesdienstes oder schnöde Sabbatschändung, da man nicht allein ohne Scheu werktätige Arbeit verrichtet, sondern auch in den Wirtshäusern wüst lebt.
3) Das schändliche Zanken und dadurch allerhand Unversöhnlichkeit und Rachgier, da nicht allein einige Häuser wie Drachenwohnungen aussehen, wie Mann und Weib, Eltern und Kinder miteinander umgehen, sondern auch die Geschwister untereinander, ein Nachbar mit dem ändern sich liederlich betragen.
4) die offenbare Vollsäufung, dabei auch wohl einige ganze Nächte in Wirtshäusern sitzen bleiben.
5) Die schändliche Hurerey und allerhand verdächtiger Umgang beiderlei Geschlechts.
6) Das liederliche Spielen, da außer Alt-Handwerksburschen und andere Burschen sich zusammensetzen und solches liederliche Wesen auch wohl an Sonntagen treiben.
7) Die Verachtung des hl. Abendmahles, da nicht nur einige garnicht hingehen, andere aber bei ihren offenbaren Sünden als Fluchen, Trunkenheit, Hurerey und Unversöhnlichkeit kommen und sich auf keine Weise wollen zurecht weisen lassen.
8) Der Mutwille der jungen Leute beiderlei Geschlechts, auch sonderlich der Buben auf den Gassen und in der Kirche, sich frech bezeigen, auch keine Bestrafung der Kirchenzensoren achten, sondern sich mit Schimpfen und Lästern widersetzen (04).

Ein Conrad Wagner Pfarrvikar von Völklingen unter Rolle. Später war er Pfarrer in Saarbrücken und starb dort 1813 (XLVIII.).

1771:
Pfarrer Rolle wurde Prorektor des Gymnasiums zu Saarbrücken (XLVIII.).
Ev. Pfarrer wurde wieder Johann Kaspar Steccius, geb. 1713 in Cleinich.
Ehefrau Maria Johannetta Dern (XLVII.).

1774:
Karl Johann Reinhard Rolle kam aus Saarbrücken zurück und wurde wieder Pfarrer in Völklingen.

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