Rathaus – Die Heimat der Völklinger Stadtverwaltung im Wandel der Zeit
1851:
Das Amtslokal der Bürgermeisterei wurde in das Wohnhaus des Bürgermeisters verlegt, das in der heutigen Karl-Janssen-Straße stand. (LXXIV. S.9)
1873-74:
Im Jahre 1873 beschließt der Gemeinderat unter Vorsitz des Bürgermeisters Kühlwein den Bau eines Gemeindehauses, es sollte ursprünglich im Bereich der unteren Poststraße stehen. Man entschloss sich dann aber 1874 für das spätere Baugrundstück, auf dem man noch heute das Alte Rathaus finden kann. (LXXIV. S.10)
1874:
Der Gemeinderat genehmigt die Planungsskizze und die Aufnahme eines Kredites zwischen zwölf- und dreizehntausend Talern. (LXXIV. S.11)
1875:
Der Auftrag zur Ausführung ging an Unternehmen aus dem Ort: Maurermeister Richard Schmidt (Luisenthal) und Johann Melchior Schneider (Völklingen), welche am 22. Juni 1875 mit dem Bau begannen. (LXXIV. S.12)
1876:
Am 4. November findet der Einzug des Bürgermeisters in das neue Gemeindehaus statt. Bereits am 27. Oktober wurde die Amtsstube offiziell in das neue Gebäude verlegt. (LXXIV. S.12)
Am 15. Dezember fand die erste Gemeinderatssitzung im Neubau statt. (LXXIV. S.15)
Das Gebäude ist 19 Meter lang, 13 Meter tief und 12,80 Meter hoch. Der Keller ist gepflastert, die Böden im Sekretäriat, Sitzungssaal und weiteren zwei Räumen des Erdgeschosses aus Eichenholz. Der Hausflur ist mit Mosaikplättchen gestaltet, die restlichen Räumlichkeiten wurden mit Tannenholz ausgelegt. Das Dach wurde mit Schieferplatten gedeckt. (LXXIV. S.13-15)
1877:
Der Rat beschließt dem Bürgermeister die Wohnung kostenlos zur Verfügung zu stellen. (LXXIV. S.16)
1880:
Der Bürgermeister muss wieder in die damalige Luisenstraße, heute Karl-Janssen-Straße, ziehen. (LXXIV. S.16)
1893:
Wegen beengten Verhältnissen müssen Ratssitzungen mangels eines Sitzungsraumes (Anm.: Dieser wurde wohl inzwischen als Amtsbüro genutzt) in einem benachbarten Wirtshaus stattfinden. (LXXIV. S.16)
1904:
Der Gemeinderat beschließt eine Ausschreibung eines Wettbewerbs zum Um- und Anbau des Gemeindehauses. Architekten aus der Umgebung wurden aufgefordert Entwürfe einzureichen, welche das bestehende Gemeindehaus möglichst in seinem Bestand belassen sollen, maximal zwei Stockwerke aufbauen und einen Anbau zur Bismarckstraße vorsehen sollen. Außerdem soll ein „hinausragender“ Turm mit eingeplant werden. Nur 22 Arbeitstage hatten die Planer Zeit ihre Skizzen einzureichen. (LXXIV. S.17)
1905:
Am 2. März entscheidet sich der Gemeinderat für Pläne, die das Gemeindebauamt nach und nach aus Ideen aus den Ausschreibungen zusammengetragen hat. 120.000 Mark sollte der Um- und Erweiterungsbau kosten. Der Plan sah unter anderem einen Raum für Obdachlose und drei Zellen für vorrübergehend Gefangene vor. (LXXIV. S.18)
Erste Ausschreibungen wurden herausgegeben, so ergab eine, dass Teile der Arbeiten wieder von Richard Schmitt durchgeführt wurden. Begonnen wurde mit dem Anbau an der Bismarckstraße, da das alte Gemeindehaus nicht geräumt werden konnte. (LXXIV. S.19)
1906:
Im Juni konnten erste Büros in den Erweiterungsbau einziehen. (LXXIV. S.19)
1907:
1. Oktober: Vollendung der Arbeitungen. (LXXIV. S.20)
Im Turm des Rathauses erklingen bis heute(!) zwei Glocken: Eine von rund 160kg gestimmt auf den Ton e. Und eine von rund 80 Kilogramm, gestimmt auf den Ton g. (LXXIV. S. 26)
1909:
Louis Röchling stiftet der Gemeinde ein Gemälde von Carl Röchling, ein entfernter Verwandter der Familie Röchling.
Das Öl-Gemälde stellt den Angriff auf der Brandenburger gegen Spichern dar. (LXXIV. S.40)
1942:
Drei Jungen hatten ihren Violinen Unterricht im Turm des Rathauses, da deren Lehrer Peter Fuchs zu dieser Zeit gleichzeitig im Rahmen des Luftschutzes als Feuermelder Dienst auf der 33 Meter hohen Balustrade des insgesamt 42 Meter hohen Turmes hatte.
1956:
Das zwischenzeitlich als unpassend erachtete Gemälde Röchlings wurde von Ernst Sohnnet restariert und wieder aufgehängt. LXXIV. S.42)
1958:
Erstmals wurden Schäden an der Schieferbedachung des Turms festgestellt, welche die Passanten unterhalb des Turms gefährdeten. Die Reparaturen fielen so unaufwändig wie irgendwie möglich aus, nur das nötigste wurde am inzwischen mit Sinterstaub und Ruß verdreckten Rathaus ausgeführt. (LXXIV. S.29)
1964:
Baubeginn am neuen Rathaus. (LXXIV. S.30)
1967:
Der Turm ist inzwischen der Art angegriffen, dass seine Standsicherheit nicht mehr in Gänze gewährleistet werden konnte. Auch am restlichen Gebäude wurde die Mängelliste immer länger. (LXXIV. S.29/30)
1968:
Der Turm wird eingerüstet, das Dach abgetragen. Ein Notdach soll bis zum inzwischen vorgesehenen Abriss des Gebäudes für Trockenheit im Inneren sorgen. (LXXIV. S.30)
1970:
Das Alte Rathaus sollte 1970 abgerissen werden, da es baufällig war und durch den Neubau am Marktplatz, der im November des gleichen Jahres bezogen werden konnte, nicht mehr benötigt wurde. (LXXIV. S.30/31)
1972:
Das inzwischen als „Altes Rathaus“ bezeichnete alte Verwaltungsgebäude wurde am 21.12.1972 unter Denkmalschutz gestellt. Vorausgegangen waren seit dem Jahr 1970 eine Vielzahl von Bürgerbeschwerden und Kritik am Abrisswahn* dieser Zeit (*Anm.: Zu dieser Zeit wurde in der Völklinger Innenstadt die sog. Stadtkernsanierung vollzogen, der viele historische Bauwerke zum Opfer fielen). (LXXIV. S.30/31)
1974:
Bis 1974 ging die Diskussion über Erhalt oder Abriss des alten Rathauses weiter. Erst im November des Jahrs wurde der entgültige Entschluss gefasst: 35 gegen 4 Stimmen für den Erhalt. Der Beschluss umfasst die Sanierung des Daches samt des Wiederaufbaus der Turmspitze, die Renovierung der Fassaden und den Abriss rückwärtiger, nicht mehr benötigter Bausubstanz (Anbauten). (LXXIV. S.34)
1975:
der Turm erhält seine neue alte Spitze. (LXXIV. S.35)
1976:
Anbau eines neuen Treppenhauses mit modernen sanitären Anlagen. Drei Häuser mussten dazu in der Rathausstraße fallen (Nr. 2 bis 6)
2016:
Der Turmaufbau des neuen Rathauses muss saniert werden.
Ein Gutachten schätzt die Kosten dafür auf 15 Mio. Euro. Der amtierende Oberbürgermeister Klaus Lorig (CDU) setzt sich für einen Abriss des Turmaufbaus ein. Die Kosten für einen Umzug und den Abriss werden zwar auf 20 Millionen Euro geschätzt, allerdings rechnet man mit einem Zuschuss von rund 10 Mio. Euro.
Als mögliche neue Heimat der bis dahin im Turmaufbau untergebrachten Verwaltungsmitarbeitern wird das ehemalige Saarstahl-Casino und sein Zwilligsbau, die ehemalige Röchlingbank durch die Stadt gekauft.
2019:
Der Turmaufbau des neuen Rathauses soll saniert werden, ein Abriss ist vom Tisch.
2020:
Durch die Ansiedlung eines Modemarktes wird die Umgestaltung der Straßenkreuzung vor dem Alten Rathaus notwendig. Der Ortsrat wird über eine erste Planung informiert, bei der der ehemalige Verwaltungssitz der Stadt Völklingen im Mittelpunkt stehen wird. Laut den Planern soll so das weit über 100 Jahre alte Gebäude endlich eine ihm würdige Umgebung erhalten.
2022: Sturm Zeynep bricht die Spitze am Turm des Alten Rathauses. Diese musste mit enormen Geräteaufwand entfernt werden, um sie vorm Absturz zu bewahren.