Heute vor 54 Jahren: Das Grubenunglück von Luisenthal nimmt seinen Lauf
#Völklingen-#Luisenthal. Es ist ein nasskalter Februar-Tag, wir schreiben den 7. Februar 1962 im Völklinger Stadtteil Luisenthal. Etwa tausend Bergleute fahren gegen sechs Uhr in den Berg, ein Großteil von ihnen über den Luisenthaler Richardschacht I.
Das Alsbachfeld, tief unter dem Boden zwischen Völklingen und Saarbrücken ist fast 25 Quadratkilometer groß, auf rund einem Drittel dieses Feldes wird aktuell abgebaut. Die Grube Luisenthal und ihr ertragreichstes Betriebsfeld sind die Vorzeigebetriebe des saarländischen Bergbaus.

In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts war Luisenthal nicht nur wegen dieser Produktivität in der Bergbauwelt in aller Munde, auch auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit war das Bergwerk mehrfach ausgezeichnet. Dies war auch nötig: Das Abbaugebiet erstreckte sich bis in die direkte Nachbarschaft großer Industrieanlagen (zum Beispiel der Burbacher Hütte) und lag daher in einem tektonisch sensiblen Umfeld, andererseits war Luisenthal als eines der methanreichsten Bergwerke des Saarreviers bekannt. Bei Unglücken in den Jahren 1844 und 1941 musste man die Folgen bereits leidvoll verschmerzen.
Die letzten Unglücke durch dieses Grubengas in Luisenthal oder auch in Maybach lagen bereits 20 bzw. 30 Jahre zurück, man hatte das Problem Mittlerweile also viel besser im Griff. Modernste Technik kam dazu in Luisenthal zum Einsatz, dazu kam Personal wie Vorfahrer, Laboranten oder Wettersteiger, das für die Überwachung der Gasentwicklung zuständig war.
Doch am Abend des 6. Februars fiel gegen 23:40 für etwa eine Stunde eine dieser modernen Anlagen aus, die Methangas-Absauganlage. Jedoch konnten Wettersteiger schnell wieder Entwarnung geben, nachdem die Anlage wieder lief.
Es geschah also aus sprichwörtlich heiterem Himmel: Wie ein Augenzeuge, Fahrsteiger Peters, berichtet, war beim Öffnen der Eingangstüre zum Alsbachschacht um 7:45 Uhr ein dumpfer Schlag zu hören. Als er sich umdrehte sah er aus dem Diffusor des Ventilators Schmutzablagerungen herausspritzen, die etwa 20 Meter hoch flogen. Etwa 30 Sekunden später folgte schwarzer Rauch, der fast 25 Minuten angehalten haben soll. In der Schachthalle sah er, dass der östliche Schachtdeckel etwa 6m über die Rasenhängebank hochgeflogen war, und sich in der Verstrebung des Schachtgerüstes verklemmte.
Dieser Mann sah das obere Ende der Detonationswelle, die in Sekunden das ganze Alsbachfeld durchlief und Tod und Zerstörung mit sich brachte. Bis zu 100m lange Strebe brachen ein, eiserne Wettertüren wurden aus der Verankerung gerissen und weg geschleudert. Menschen hatten in diesen Inferno kaum eine Chance, 61 der 411 dort arbeitenden Männer verließen die Grube unverletzt, 73 erlitten Verletzungen, die sie teilweise ihr Leben lang zeichneten. Fast 300 Bergleute ließen ihr Leben, wobei etwa ein Dutzend erst später in Krankenhäusern verstarb.

Im Querschlag 221 konnten 4 tote Zeugen gefunden werden, die offensichtlich in Todesangst vor etwas geflohen waren. Dabei handelte es sich wohl um Methangas, das sich über ihren Köpfen entzündet hatte bevor es zur Explosion kam, von hier nahm die Katastrophe ihren Lauf. Flammen, Druckwellen und hochgiftige Nachschwaden brachten Tod und Verderben.
Selbst Bergleute die in größerer Entfernung vom Explosionsort arbeiteten wurden von der Druckwelle meterweit durch die Gänge geschleudert. 99 Bergleute kostete hochgiftiges Kohlenmonoxid das Leben, obwohl viele von ihnen ihren Selbstretter, der sie vor dieser Vergiftung schützen sollte, sogar noch trugen.
Hatten Angehörige und Freunde der Bergleute zunächst noch Hoffnung, so wich diese nach langen 36 Stunden bis das ganze Ausmaß der Katastrophe bekannt wurde. Nachdem kurz nach dem Unglück von etwa 11 Toten die Rede war, so wuchs die Opferzahl binnen 24 Stunden auf 240. Für die Familie vor den Toren des Bergwerks wurde die Zeit zur unerträglichen Tortur. Nachdem am 7. Februar nur die Verletzten die in Krankenhäuser gebracht wurden verlesen wurden, sodauerte es bis 10:40 am nächsten Tag, bis die Angehörigen der Toten Gewissheit bekamen: Die Namenslisten der Toten mussten in mehrfacher Ausführung ausgehängt werden. Es dauerte noch mehr als drei Wochen bis diese so genannten „schwarzen Listen“ komplett waren. 222 Frauen und 354 minderjährige Kinder wussten damit, dass Ihr Ehemann und Vater nie wieder kommen wird.
Erst nach zwei Wochen waren auch die letzten Vermissten tot geborgen. Andere, zunächst schwerverletzt aber lebend aus dem Berg geholt, erlagen später ihren Verletzungen.
Ende Februar stand die Katastrophenbilanz fest: 299 Tote, der älteste 59 Jahre alt, der jüngste noch nicht ganz 17, und 73 Verletzte.
- Der Bericht von 2015 erklärt „die Mähr vom Feiertag„.