Saarbrücker Zeitung, 25./26.11.2000: Steinerne Zeugen der mittelalterlichen Vergangenheit
Steinerne Zeugen der mittelalterlichen Vergangenheit
In der heutigen Straße „Im Alten Brühl“ stand einst Völklingens erstes Gotteshaus – Über das „Kirchlein an der Saar“ und seine Geschichte: „SZ“-Serie, Teil 2 und Schluss
– Von JÜRGEN BOLDORF –
Sichtbare Spuren sind von der Kirche nicht geblieben, die einst „Im Alten Brühl“ stand, im ältesten Teil Völklingens. Was an historischen Resten noch im Boden steckt, beschäftigt derzeit das Landeskonservator~amt: Private Bau-Pläne gaben Anlass, Sondierungs-Grabungen an jener Stelle durchzuführen. Mit der Geschichte der Kirche, die mindestens bis ins 11. Jahrhundert zurückreicht, befasst sich der Amateur-Historiker Jürgen Boldorf in einer zweiteiligen Serie. Heute, im zweiten Teil, stehen das 20. Jahrhundert und bisherige Funde im Blickpunkt.



Zwischen den Auffüllmassen kamen einige Münzen zum Vorschein kamen, darunter als ältestes Stück eine Silbermünze aus den Jahren 1220 bis 1250, die der Abtei Hornbach zuzusprechen ist. Die Münzen befinden sich heute im Besitz der Versöhnungskirchengemeinde Völklingen. Ein in die Innenmauer der alten Kirche eingefügter Wappengrabstein, der mit kriegerischen Emblemen geschmückt war und dessen Wappenschild einen Halbmond führte, trug folgende Inschrift: „Hier ruhet in Gott der Hoch- und Wohlgeborene Herr Joh. Eckard von Kruckenberg, Ihro Königl. Maj. In Frankreich wohl meritierter Brigadier und Obristlieutenant des Königlich teutschen Regiments zu Pferd. Geboren anno Christi 1644 und in seinem Heiland Jesu Christi seelig verstorben anno 1717.“ Der Grabstein wurde nachträglich in die Wand eingefügt; das zugehörige Grab fand sich nicht.
Die aus alter Zeit stammende Kirche wurde im 30-jährigen Krieg sehr mitgenommen oder gar zerstört. Krieg und Pest hatten die Gemeinde dezimiert, man musste den Bau nicht erweitern, benutzte die alten Fundamente. An den erhaltenen Kirchturm schloss sich allerdings erst 1672 eine neue Kirche an. Unter dem Verputz in der Mauer zwischen Kirche und Turm, gleich hinter der Orgel, fand man bereits 1843 einen Stein mit einer Inschrift in lateinischen Buchstaben, die besagt, dass 1716, unter der Regierung des Grafen Carl Ludwig von Nassau-Saarbrücken, die Kirche renoviert wurde. In den Jahren 1737/38 erfolgte der Um- oder Neubau der Simultan-Kirche, in der Form, wie sie bis zum Jahre 1882 bestehen sollte: Die ganze Südwand wurde abgebrochen und – weiter herausgerückt – neu aufgeführt. Die Nordmauer ließ man stehen, erhöhte das Kirchenschiff und versah es mit anderen Fenstern. Ein altes Amtssiegel der Kirchengemeinde trägt noch die Abbildung dieses Barockbaues. . 1883 wurde die Kirche durch ein neues, in romanischem Stil gehaltenes Querhaus mit Chor vergrößert. Gegenüber dem alten Pfarrhaus wurde 1889 der Konfirmandensaal (Im alten Brühl 1) errichtet, den die wachsende Industrie-Gemeinde für Unterricht und Vereinsleben benötigte.
1937/38 wurden dann die letzten Überreste der „Alten Kirche“ beseitigt. Der Kunsthistoriker Walter Zimmermann, der die Baugeschichte der Martinskirche wahrscheinlich auf Grund der Ausgrabungsergebnisse von Rupp beschrieb, datierte den Bau des Kirchturmes ins 13. Jahrhundert. Mit dem Turm-Abriss verschwand spurlos der letzte Zeuge aus Völklingens mittelalterlicher Vergangenheit. Immerhin, ein Rest der Mauer, die einst den Kirchhof am „Kirchlein an der Saar“ einfriedete, ist heute noch als Relikt vergangener Zeiten erhalten und zu bestaunen. Nach Einschätzung des Landeskonservators Johann Peter Lüth stammt dieser Mauerrest aus dem 14./15. Jahrhundert.