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Die Gründerfamilie Röchling : Völklingen im Wandel

Die Gründerfamilie Röchling

Wappen der Familie Röchling - Quelle: Die Gründerfamilie Röchling
Wappen der Familie Röchling – Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

 

Ahnentafel - Quelle: Die Gründerfamilie Röchling
Ahnentafel – Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

Die Röchlings entstammen einer angesehenen Hofbauernfamilie, die in der Gegend zwischen Dortmund und Unna in Westfahlen beheimatet war und vielfach das Amt eines Schulzen und Richters versah.

 

Johann Gottfried - Quelle: Die Gründerfamilie Röchling
Johann Gottfried – Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

Johann Gottfried Röchling (1703-1780) verließ als Sohn einer kinderreichen Familie um das Jahr 1730 seine westfählische Heimat. Er kam in das Saarland um in dem aufblühenden Fürstentum Nassau-Saarbrücken eine neue Existenz zu gründen. Schnell stieg er durch seine gute Schulbildung vom Hüttenschreiber zum Hüttenmeister auf, wurde dann vom Fürsten Wilhelm Heinrich zum Berghauptmann und Kammerrat und später zum Präsidenten der fürstlichen Rentkammer ernannt. Mit großem Eifer widmete er sich der Eisengewinnung. 1763 berief ihn Pfalzgraf Christian IV., Herzog von Pfalz-Zweibrücken, zum Direktor der neu errichteten Eisenwerke Schönau und Contwig. Er war somit der erste Industrielle unter den Röchlings, wenn auch nicht als Besitzer, so doch als Leiter eines Eisenwerkes. Er, der Stammvater der St. Johanner Linie, starb 1780, etwa 100 Jahre bevor seine Urenkel das Völklinger Werk erwarben, welches so bedeutend werden sollte.
Von seinen fünf Söhnen zeigte keiner Neigung zu produktiver wirtschaftlicher Betätigung, sie wurden Verwaltungsbeamte oder Gelehrte. Der Älteste, Johann Friedrich, schlug die theologische Laufbahn ein. Als Pfarrer in Saarbrücken und Konsistorialpräsident erlebte er die schwere Zeit der französischen Revolution. Aus seiner Ehe mit der Pfarrerstochter Clara Christina Wagner aus Dirmingen gingen 15 Kinder hervor.
Der älteste Sohn, Christian, studierte zuerst Theologie, wechselte aber als 28jähriger seinen Beruf und wurde Arzt. In diesem Saarbrücker Arzthaus stand die Wiege der vier Brüder Röchling, deren Lebenswerk noch bis in die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts in dem Namen der Fa. Gebr. Röchling weiterlebte.

Geh. Sanitätsrat Dr. Christian Röchling - Quelle: Die Gründerfamilie Röchling
Geh. Sanitätsrat Dr. Christian Röchling – Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

Geh. Sanitätsrat Dr. Christian Röchling  wirkte in seiner Doppelstellung als praktischer Arzt und preußischer Kreisphysikus in Saarbrücken. Auf dem Bild ist auch seine Frau, Charlotte, Tochter des Glashüttenbesitzers Philipp Wagner aus Friedrichsthal.

Sein jüngerer Bruder, Friedrich Ludwig Röchling, setzte die Tradition des Großvaters Johann Gottfried fort. Er wurde Leiter der der Firma Gebr. Stumm gehörenden Abentheuerhütte bei Birkenfeld und gründete 1822 das Saarbrücker Kohlengeschäft, aus dem später die anderen Röchling’schen Unternehmen hervorgingen.

Als Friedrich Ludwig Röchling 1836 kinderlos starb, führte sein Neffe Carl Schmidtborn das Saarbrücker Geschäft weiter.

 Theodor Röchling - Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

Theodor Röchling – Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

 

Ernst Röchling - Quelle: Die Gründerfamilie Röchling
Ernst Röchling – Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

 

Carl Röchling - Quelle: Die Gründerfamilie Röchling
Carl Röchling – Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

 

Fritz Röchling - Quelle: Die Gründerfamilie Röchling
Fritz Röchling – Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

Er nahm die jungen Vettern Theodor (1823-1885), Ernst (1825-1877), Carl (1827-1910) und und Fritz (1833-1892), die Söhne des Geh. Sanitätsrat Dr. Christian Röchling, nacheinander in die Firma auf. Die Firma erhielt nun den Namen „C.Schmittborn und Gebr. Röchling“ dieser wurde nach dem Ausscheiden C. Schmittborns 1875 in „Gebr. Röchling“ geändert. Bereits 1849 wurde das Handelshaus in Ludwigshafen gegründet, es folgten Niederlassungen in Duisburg-Ruhrort, Basel, Mailand, München, Hamburg, Leipzig und Stuttgart, zeitweise auch in Glasgow und Middlesbrough.
Neben Kohle und Holz wurde 1850 der Eisenhandel aufgenommen und später ein Bankgeschäft angegliedert. 1874 wurde die Koksofenanlage Altenwald zusammen mit der Fa. Gebr. Haldy mit eigener Benzolfabrik und elektrischer Zentrale erworben. Dies wurde später die Brücke zum Übergang zur Eisenindustrie. Carl Röchling erkannte dank seiner Mehrfachbegabung als Techniker, Organisator und Kaufmann die Vorausbedingungen zur Schaffung eines großen eisenschaffenden Unternehmens. 1862 erwarben die Firmen Haldy, Röchling & Co. die Eisenhütte Pont à Mousson und damit Anteile an den Erzgruben in Briey/Lothringen wobei die Röchlings 70% des Kapitals hielten. Beteiligungen an den Rheinischen Stahlwerken in Ruhrort Meiderich folgten. Dieses Werk, das vom Handelshaus Ludwigshafen mit englischem und schottischem Gießereiroheisen versorgt wurde, stand im Jahre 1874 vor dem Zusammenbruch. Carl Röchling und seine Brüder retteten das Werk, wobei die hohen Geldforderungen in industrielle Beteiligungen umgewandelt wurden. Bei seiner Verehelichung mit Alwine geb. Vopelius erhielt er mit dem Heiratsgut Anteile der Grube Hostenbach. Schon 1856 wollte sich Carl am Aufbau der Burbacher Hütte beteiligen, scheiterte aber am Widerstand seiner Teilhaber.
In Völklingen war von J. Buch 1873 ein Eisenwerk als Konkurrent der Burbacher Hütte und des Stumm’schen Eisenwerkes gegründet worden. Dieses junge Unternehmen mußte zu Beginn des Jahres 1879 den Betrieb wieder einstellen. Im gleichen Jahr erwarb Carl Röchling das Thomas-Patent.

Aus der Ehe von Carl und Alwine Röchling gingen 14 Kinder hervor. Carl wurde 1885 zum Kommerzienrat erklärt und kümmerte sich als strenger Familienvater intensiv um die Ausbildung seiner Söhne. Sie wurden von der Pike auf zu tüchtigen Kaufleuten, Eisenhüttenleuten und Technikern herangebildet.
Der älteste Sohn, Friedrich, wurde Landgerichtsdirektor und war von 1903-1918 Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses.

Louis Röchling - Quelle: Die Gründerfamilie Röchling
Louis Röchling – Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

Der 2. Sohn, Louis (1863-1926) studierte nach der Gymnasialzeit Chemie in Heidelberg. Brach das Studium aber ab und ließ sich im Röchling’schen Handelshaus kaufmännisch ausbilden, bevor er nach Völklingen kam. Er wurde bereits mit 38 Jahren Vorsitzender der südwestlichen Eisenberufsgenossenschaft sowie 1907 Leiter des Deutschen Stahlwerksverbandes.
Richard Röchling studierte in Heidelberg und an der Technischen Hochschule Charlottenburg, wo er mit einer chemischen Arbeit zum Dr. phil. promovierte. Auch im Bergbau war er praktisch tätig und wirkte bei der Gewinnung von Nebenprodukten erfolgreich mit. Ein schweres Leiden setzte seinem Leben 1898 ein frühes Ende. Er vermachte eine bedeutende Summe der Errichtung eines Alters- und Invalidenheimes. Zu seinem Gedächtnis wurde diesem der Name „Richard-Stift“ gegeben.
Richardstift

"Richardstift" - Bild ca. 1910 (Quelle:"Völklingen vormals").
„Richardstift“ – Bild ca. 1910 (Quelle:“Völklingen vormals“).

Ernst Röchling (1870-1932) wurde geschäftsführender Teilhaber der Gebr. Röchling Duisburg, Robert Röchling (1880-1966) trat 1899 in die Fa. Gebr. Röchling Ludwigshafen ein. 1905 übernahm er das Amt eines geschäftsführenden Teilhabers der unter dem Namen Gebr. Röchling arbeitenden Bank- und Handelshäuser. Nach dem 2. Weltkrieg konnte er als einziges aktives Geschäftsmitglied der Familie seinen Platz an der Saar behaupten.

Der bekannteste und bedeutendste unter den Söhnen Carl Röchlings wurde der siebte, Hermann (1872-1955). (Wir widmen ihm eine gesonderte Seite: Hermann Röchling)

Kommerzienrat Dr. iur. h.c. Hermann Röchling - Quelle: Die Gründerfamilie Röchling
Kommerzienrat Dr. iur. h.c. Hermann Röchling – Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

Nach der Absolvierung des Saarbrücker Ludwigsgymnasiums nahm er 1891 gleich die praktische Arbeit bei den Hüttenwerken in Peine und Ilsede auf. In der darauffolgenden Studienzeit verbrachte er zunächst 3 Semester an der Universität Heidelberg und dann 2 Jahre in Berlin, wo er Vorlesungen an der Universität, der Technischen Hochschule, der Bergakademie und der Landwirtschaftlichen Hochschule besuchte. 1895 kehrte er nach Völklingen zurück.
Bereits als 23jähriger beauftragte ihn sein Vater mit der Leitung eines Hochofens. Nach einer kurzen Unterbrechung seiner praktischen Ausbildung durch das einjährige Dienstjahr beim 7. Dragoner-Regiment in Saarbrücken machte er 1897 eine Studienreise nach Amerika. Anschießend leitete er den Bau des Hochofenwerkes der Carlshütte in Diedenhofen. Von da berief man ihn wieder nach Völklingen, wo er nach dem Tode seines Bruders Richard 1898 zusammen mit seinem Bruder Louis die Geschäfte der Hütte führte.
Im Jahre 1899 heiratete Hermann Röchling Theodora Müller.

Theodora - Quelle: Die Gründerfamilie Röchling
Theodora – Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

 

Theodora Röchling am 70. Geburtstag Hermann Röchlings - Quelle: Die Gründerfamilie Röchling
Theodora Röchling am 70. Geburtstag Hermann Röchlings – Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

 

Aus dieser Ehe gingen die Tochter Ellenruth, später verheiratet mit Hans Lothar von Gemmingen-Hornberg, und der Sohn Carl Theodor, später verheiratet mit Irmgard Dantz, hervor.

Carl Theodor Röchling - Quelle: Die Gründerfamilie Röchling
Carl Theodor Röchling – Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

Hermann Röchling und Wilhelm Rodenhauser entwickelten einen eigenen elektrischen Induktionsofen, der 1907 in Betrieb genommen wurde. Ein Edelstahlwerk wurde bald angegliedert. Die Belegschaft wuchs und wuchs.
Im Jahr 1907 wurde Carl Röchling 80 Jahre alt. Zu seiner Geburtstagsfeier kamen insgesamt fast 1200 Personen.
Als Andenken für diesen Tag wurden den Mitarbeitern, die schon seit 25 Jahren bei der Firma waren Uhren verliehen.
Den Arbeitern, die 15 Jahre und läger in der Firma tätig waren wurde ein jährlicher Sommerurlaub von einer Woche gewährt und für den Lohnausfall 25 Mark gezahlt.
Zum Anlass dieses Tages stiftete Carl Röchling weiterhin 75.000 Mark zur Einrichtung einer Sparkasse. Diese Summe wurde verteilt an die Arbeiter, die 5 Jahre und länger angestellt waren, abgestuft nach der Dauer der Zugehörigkeit, so dass die älteren Arbeiter 50 bis 100 Mark auf ihr Sparbuch bekamen.
Carl Röchling starb 1910.
Auch Hermann Röchling baute das soziale Netz für die Arbeiter und Angestellen der Hütte weiter aus, in der sicheren Gewissheit, dass sich dadurch ein ständiger, zuverlässiger Mitarbeiterstamm entwickeln würde. Das Richard-Stift wurde, wie schon erwähnt, errichtet. Dazu kamen die Errichtung der Alters- und Invalidenwerkstatt, der Koch- und Nähschule, der Werkschule für Lehrlinge (1903), des Kindergartens, der Milchküche (1907), der Schwimmhalle (1. Werkschwimmhalle in Europa) und Badeanstalt, der Bau des Röchling’schen Werkskrankenhauses (1899-1908 heute Kreiskrankenhaus) und des Schlafhauses. Diese Fürsorgemaßnahmen waren für die damalige Zeit einmalig.

 Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

 

Goldene Hochzeit von Carl und Alwine Röchling 1907. Quelle: Die Gründerfamilie Röchling
Goldene Hochzeit von Carl und Alwine Röchling 1907. Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

Um die Wohlfahrtspflege haben sich in erster Linie auch Carls Gattin Alwine unterstützt von Frau Klara Röchling und Frau Dora Röchling (Ehefrau von Hermann) gekümmert.
Hermann Röchling wurde bereits 1914 als Rittmeister der 7. Dragoner in den Krieg gezogen und nahm an den Kämpfen im Westen teil. 1915 wurde er vom Kriegsministerium nach Hause berufen um für andere Aufgaben zur Verfügung zu stehen. Als 1916 das deutsche Frontheer mit Stahlhelmen ausgerüstet wurde, waren er und seine Mitarbeiter maßgebend an deren Entwicklung und Herstellung beteiligt. 90% des dazu gebrauchten Spezialstahls kamen von der Völklinger Hütte.
Nach dem verlorenen Krieg vorlor die Familie Röchling sämtliche Besitztümer in Lothringen, die Carlshütte in Diedenhofen, die Erzgruben u.v.m. Im Juni 1918 wurde Hermann Röchling zum preußischen Kommerzienrat ernannt, erhielt von der Reichsregierung ein halbes Jahr später die Berufung zum Sachverständigen für industrielle und Saarfragen in der Waffenstillstandskommission in Spa, anschließend bei der deutschen Friedensdelegation in Paris-Versailles.
Ein französisches Kriegsgericht verurteilte Hermann Röchling und seinen Bruder Robert wegen Diebstahles, Raubes und Zerstörung französischer Fabriken zu zehn Jahren Zwangsarbeit, zehn Millionen Franken Geldstrafe und fünfzehn Jahren Landesverweisung. Robert Röchling wurde 1925 wieder auf freien Fuß gesetzt. Zur gleichen Zeit fanden im Saargebiet Verhandlungen über französische Kapitalbeteiligungen an den Saarhütten statt. Die Franzosen übten starken Druck auf die Eigentümer aus. Die Röchlings waren zu weiteren Verhandlungen nur bereit unter der Bedingung, dass die Urteile gegen die Brüder Röchling vollständig aufgehoben würden. Das wurde abgelehnt. So kam es, dass die Röchling’schen Eisen-und Stahlwerke in Völklingen das einzige Unternehmen an der Saar im Familienbesitz und ohne fremde Kapitalbeteiligung blieben.
Das Werk wurde weiterhin ständig modernisiert. Als 1926 der ältere Bruder, Kommerzienrat Louis Röchling starb, lag die gesamte Verantwortung für das Unternehmen bei Hermann Röchling alleine. Auch politisch war Hermann Röchling nicht untätig. Er setzte sich in dieser Zeit, in der das Saargebiet vom deutschen Reich abgetrennt war, sehr für die „gemeinsame Abwehrfront gegen eine Gefahr der Überfremdung“ ein. Am 13. Januar 1935 wurde das Saarland zu Deutschland rückgegliedert.

Hermann Röchling zu Pferd - Quelle: Die Gründerfamilie Röchling
Hermann Röchling zu Pferd – Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

Trotz seiner vielen Tätigkeiten verlor Hermann Röchling nie den Kontakt zu seinen Arbeitern und Angestellten. Er führte Gespräche mit Arbeitern und Angestellten, erkundigte sich nach persönlichen und familiären Angelegenheiten, hob Kinder auf sein Pferd, gab Ratschläge, half wo er konnte und konnte herzlich über eine treffende Bemerkung oder einen Witz lachen. Bei Nachlässigkeiten und Fehlern konnte er streng durchgreifen, blieb aber immer gerecht. Den Grund für die erfolgreiche Führung der Völklinger Hütte faßte er einmal wie folgt zusammen:
„Hätten wir nicht treu zu unserem Unternehmen gestanden und uns ständig bemüht, das Wohl unserer Belegschaft zu fördern, so hätten wir sicher nicht in diesem ungewöhnlichen Maße auf die Treue unserer Belegschaft rechnen können.“

Hermann Röchling - Quelle: Die Gründerfamilie Röchling
Hermann Röchling – Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

 

Villa Röchling - Quelle: Die Gründerfamilie Röchling
Villa Röchling – Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

1939 mußten das Völklinger Werk und die Stadt wegen der 2. Weltkrieges evakuiert werden. Hermann Röchling blieb mit seiner Gattin und einigen Getreuen im geräumten Völklingen zurück. Trotz militärischer Bedenken setzte er schon im Dezember die Wiederinbetriebnahme einzelnder Betriebsteile durch. Am 1. Juli 1940 wurde er von der Reichsregierung zum Generalbevollmächtigten für Eisen und Stahl in den besetzten Gebieten, Lothringen und Meurthe-et-Moselle, für einen Vierjahresplan ernannt. Er setzte sich für die Wiederinbetriebnahme der dort stillstehenden französischen Betriebe ein. Viele geschulte Fachkräfte wurden auf sein Betreiben aus der Kriegsgefangenschaft entlassen und 1944 das französische leitende Personal auf seine Posten zurückberufen. Im Mai 1942 wurde Hermann Röchling Vorsitzender der „Reichsvereinigung Eisen und Stahl“ und Leiter der „Wirtschaftsgruppe Eisenschaffende Industrie“. Er war zu diesem Zeitpunkt schon fast 70 Jahre alt.

Hermann Röchling und sein einziger Sohn um 1940: Karl Theodor Röchling - Quelle: Die Gründerfamilie Röchling
Hermann Röchling und sein einziger Sohn um 1940: Karl Theodor Röchling – Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

Karl Theodor Röchling wurde am 17. Dezember 1944 zusammen mit Oberingenieur Koch aus dem Hinterhalt erschossen. Das Tatmotiv konnte nie genau geklärt werden.
Im Mai 1946 verstarb Dora Röchling.

 Ernst und Hermann - Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

Ernst und Hermann – Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

Hermann Röchling, sein Neffe Ernst Röchling, sein Schwiegersohn Hans-Lothar von Gemmingen, sowie die Direktoren Albert Maier und Wilhelm Rodenhauser wurden in Haft genommen und vor ein französischens Militär-Tribunal gestellt. Die Anklage lautete auf industrielle Ausbeutung der besetzen Gebiete, Erhöhung des Kriegspotentials des Dritten Reiches und Einfluss auf die Verschleppung von Personen zur Zwangsarbeit. Strafmildernd erkannte das Gericht das Eintreten Hermann Röchlings für die von der Gestapo verhafteten Franzosen und die Begnadigung von Geiseln an. Das Oberste französische Militärgericht in Rastsatt verureilte Hermann Röchling zu zehn, Ernst Röchling zu fünf, Hans Lothar von Gemmingen zu drei Jahren Gefängnis, Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte und Einziehung ihres Vermögens. Direktor Rodenhauser erhielt eine Haftstrafe von 3 Jahren, Albert Meier wurde freigesprochen.
Weit über 1500 Entlastungsdokumente aus verschiedenen Kreisen und Ständen gingen beim hohen Gericht ein, selbst Ministerpräsident Hoffmann setzte sich für die vorzeitige Entlassung ein. Ergreifend und als Zeichen der Treue war das Angebot von 111 Pensionären der Völklinger Hütte zu werten, die sich anboten, die Gefängnisstrafe für „ihren Kommerzienrat“ nacheinander zu verbüßen.
Nach Befürwortung durch den Hohen Komissar Francois Poncet wurden Hermann und Ernst Röchling am 18.August 1951 freigelassen , Hermann Röchling aber die Rückkehr an die Saar verwehrt.
Er befasste sich weiterhin mit der Forschung über die kontinuierliche Stahlerzeugung. Am 13. Februar 1953 wurde ihm der Siemensring (höchste deutsche Auszeichung auf dem Gebiet der Naturwissenschaft und Technik) verliehen. Er starb 1955 in Mannheim ohne noch einmal ins Saarland zurückgekehrt zu sein.

Statue eines Hüttenmannes, die Hermann Röchling anläßlich der Verleihnung des Siemensrings erhielt. - Quelle: Die Gründerfamilie Röchling
Statue eines Hüttenmannes, die Hermann Röchling anläßlich der Verleihnung des Siemensrings erhielt. – Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

 

 

Dr. Ernst Röchling - Quelle: Die Gründerfamilie Röchling
Dr. Ernst Röchling – Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

1956 trat Dr. Ernst Röchling, sein Neffe, an die Führungsspitze des Werkes in Völklingen, das so lange unter französischer Leitung war. Im gleichen Jahr wurde der Völklinger Stadtteil „Bouser Höhe“ zu Ehren des hochgeschätzeten Mitbürgers in „Hermann-Röchling-Höhe“ umbenannt.
Dr. Ernst Röchling der 1949 die Witwe seines umgekommenen Vetters Karl-Theodor (Hermann’s Sohn) geheiratet hatte nahm 1961 die Mittel- und Feineisenstraße im Nauweiler Gewann (die schon unter Generaldirektor Thedrel konzipiert wurde) in Betrieb.

Ernst und Irmgard Röchling 1963 - Quelle: Die Gründerfamilie Röchling
Ernst und Irmgard Röchling 1963 – Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

1969 erreichte der Belegschaftsstand die Rekordhöhe von 17000 Beschäftigten. Ernst Röchling verstarb im Jahre 1964 auf einer Dienstreise nach Düsseldorf.

Dr.rer.pol.Hermann Röchling junior - Quelle: Die Gründerfamilie Röchling
Dr.rer.pol.Hermann Röchling junior – Quelle: Die Gründerfamilie Röchling

Danach stand sein Stiefsohn Dr.rer.pol.Hermann Röchling junior dreieinhalb Jahre an der Spitze der Geschäftsführung. Im Dezember 1967 schied er auf eigenen Wunsch aus.
Bald danach kam es zur Verschmelzung mit anderen Saarhüttenwerken. Damit erlosch die Völklinger Hütte endgültig als Röchling’sches Familienunternehmen. Dr. Richard Röchling, der letze Aufsichtsratvorsitzende erläuterte dies in einem Interview: “ Wir wandern nicht ab von der Saar, wir sterben aus!“
Die schon vom Gründer der Röchlingwerke ausgegangenen Bestrebungen im sozialen Bereich sind von den nachfolgenden Generationen ausgebaut und verbessert worden. Abertausende von schaffenden Menschen haben auf der Völklinger Hütte ihre Lebensaufgabe gefunden und erfüllt. Auch die Stadt Völklingen hat ihre Entwicklung dem Einfluss der starken Persönlichkeiten und der wirtschaftlichen Tatkraft der Röchlings zu verdanken.

1978 ließen sich die Erben der Familie Röchling für Ihre Anteile abfinden und trennten sich 97 Jahre nachdem die Brüder Röchling die Völklinger Hütte übernommen hatten, entgültig vom Werk.

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