Saarbrücker Zeitung, 5. Februar 2001: Flugblätter gegen Lidl-Markt
Flugblätter gegen Lidl-Markt
Neue Bürgerinitiative „Alter Brühl“ will Kirchen-Reste retten
Völklingen (ob). Genau zwei Dutzend Personen hatten sich im Martin-Luther-Haus in der Völklinger Poststraße zusammengefunden, um eine Bürgerinitiative (BI) zu gründen. Bürger dieser Stadt, die sich dafür einsetzen wollen, den „Im alten Brühl“ geplanten Lidl-Lebensmittelmarkt zu verhindern. Denn unter dem Neubau verschwände auf Jahre und Jahrzehnte, was durch Grabungen des Landeskonservatoramtes seit kurzem erst ins Bewusstsein gerückt ist: die Überreste des ältesten Völklinger Gotteshauses, der mittelalterlichen Martinskirche (wir berichteten). Auf diesem geschichtsträchtigen Gelände einen Supermarkt zu bauen, das geht geschichtsbewussten Bürgern einfach gegen den Strich.
Wie der SPD-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat Völklingens, Volker Reitler, in der BI-Gründungsversammlung informierte, reichte die Lidl-Geschäftsführung 1999 den Bauantrag ein, der ein Jahr später genehmigt und damit rechtskräftig wurde. Der Landeskonservator, so Reitler weiter, hätte dies verhindern können; dieser räume heute ein, dass sein Amt seinerzeit falsch entschieden habe. Jetzt den Lidl-Markt zu verhindern, ist nach Reitlers Ausführungen äußerst schwierig – da beim Verkauf des Grundstücks auch ein Makler eingeschaltet gewesen sei, gehe es auch um viel Geld. Reitler sieht die Aufgabe der Bürgerinitiative darin, Lidl davon zu überzeugen, dass das Unternehmen durch den Markt-Bau gerade an diesem Standort Ansehen einbüße.
Auch Paul Ganster (Bündnis 90/Die Grünen) fand, man müsse der Firma klar machen, dass sie mit dem Bau in Völklingen in schlechten Ruf komme. Er gab dabei zu bedenken, dass die BI höchstens vier Wochen Zeit habe, mit gezielten Aktivitäten den Markt zu verhindern. Weitere Idee von Ganster: Man solle Schulen mobil machen, „auch wenn viele Kids an alten Steinen nicht mehr interessiert sind“. Bittere Zustimmung von einer Teilnehmerin: „Den Saarländern ist ihr Lyoner wichtiger als alte Mauern.“ Knüppeldick kam aus der Versammlung Kritik an der Stadtverwaltung: Wozu habe man eine Untere Denkmalschutzbehörde? Die Antwort von Stadtarchivar Hans Obermann: „Diese Behörde ist identisch mit der Baupolizei. Nachdem der Landeskonservator unverständlicherweise dem Bauantrag zustimmte, bekam Lidl grünes Licht und konnte damit unverzüglich mit den Bauarbeiten beginnen.“ Versammlungsleiter Gerold Fischer (Grüne/Bündnis 90) glättete mit sachlicher Gesprächsführung die Wogen. Am Ende war man sich einig, eine Bürgerinitiative .Alter Brühl/Saarstraße“ zu gründen, sie aber nicht als Verein eintragen zu lassen.
Ansprechpartnerin ist Maria Forster, Tel: (0 68 98) 2 36 22, E-Mail: maria-f@t-online.de. Maria Forster wird von weiteren vier Personen unterstützt.
Geplant sind Infostände auf dem Völklinger Wochenmarkt, vom 10. Februar an jeweils mittwochs und samstags vormittags; dort werden Flugblätter verteilt und Unterschriften gesammelt. Ferner soll angeregt werden, die Grabungsstätte zu bestimmten Zeiten für die Bevölkerung zugänglich zu machen.
Nächstes Treffen der Bürgerinitiative: Freitag, 9. Februar, 19.30 Uhr, Martin-Luther-Haus, Poststraße 52, Völklingen.
Dies war das Flugblatt:
